13.06.2022 – Kategorie: Technik & Innovation

Wärmewende: EON steigt in die geothermische Energieerzeugung ein

EON will Nordrhein-Westfalen künftig mit „grüner Wärme“ aus bis zu 4000 Metern Tiefe versorgen. Der Energieriese sieht das Potenzial, mit Geothermie einen erheblichen Teil des Wärmebedarfs in Deutschland zu decken.

Auf den Wärmesektor entfallen in Deutschland laut dem Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie rund 56 Prozent des nationalen Energieverbrauchs. Beim Heizen von Wohnungen und Gewerbeimmobilien spielen Öl und Gas bisher die führende Rolle. Nur 15 Prozent der Wärme werden aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Die Folge sind viel zu hohe CO2-Emissionen im Wärmesektor. Die müssen daher so rasch wie möglich reduziert werden, um die Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen. Grund genug, eine „Wärmewende“ entschlossen anzugehen.

Deshalb will EON, der größte Energieversorger Deutschlands, in Nordrhein-Westfalen künftig neue, klimafreundliche Wege gehen. Der Energieriese, der bis 2040 klimaneutral sein will, hat beschlossen, mit der Deutsche ErdWärme GmbH (DEW) als Partner in die Erzeugung von Wärme aus der Tiefe der Erde einzusteigen. „Die Wärmewende ist eine Mammutaufgabe“, begründet EON-Bereichsleiter Alexander Fenzl diesen Schritt. Er ist der erste Einstieg eines großen privaten Energieversorgungsunternehmen (EVU) in die Geothermietechnik, die bisher eher lokal begrenzt zum Einsatz kommt.

EONs Geothermie-Einstieg – ein kräftiger Push für die Wärmewende

Die Geothermie-Technik erschließt Heißwasser-Reservoire in Tiefen von mehr als 2.000 Meter für die Wärme- und Energieversorgung von Industrie, Gewerbe und privaten Verbrauchern. Animation: DEW

Ziel der Zusammenarbeit ist es, vor Ort erzeugte Energie für die Wärmewende bereitzustellen – dauerhaft und zu bezahlbaren Preisen. „Erdwärme kann fossile Energieträger in den Bereichen Heizung und Warmwasser sowie als industrielle Prozesswärme klimaneutral ersetzen“, erklärt Herbert Pohl, Gründer und Chef der DEW. „Sie liefert Energie wetterunabhängig und zuverlässig – und belegt dabei nur wenig Fläche.“

Die DEW ist auf den Bau und den Betrieb geothermischer Anlagen spezialisiert. Die Tochter des dänischen Energie-Investors CIP bringt das geologische Knowhow mit, um Erdwärmeanlagen auf modernstem technischen Stand zu planen. An Standorten am Oberrhein gewinnt die Firma schon heute erneuerbaren Strom und Wärme für die Energie- und Wärmewende vor Ort.

Heißwasser aus der Tiefe kann ein Viertel des deutschen Wärmebedarfs liefern

Auch im industriellen Kernland NRW wollen die beiden Partner künftig gespeicherte Erdwärme aus der Tiefe „nach oben holen“ und für industrielle und private Verbraucher bereitstellen. Für EON-Manager Fenzl ist klar: „Für eine CO2-neutrale Wärmeversorgung gibt es nie nur die eine Lösung.“ Die tiefe Erdwärme, so sagt er, stehe in Deutschland heute zwar noch am Anfang. Für die künftige Wärmewende aber könne sie als potenziell unerschöpfliche „Energiequelle vor Ort“ einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten.

Die wissenschaftliche Bestätigung für die enormen Reserven der geothermischen Energiegewinnung liefert Professor Rolf Bracke, der Leiter des Fraunhofer-Instituts IEG. Nach seinen Berechnungen hat sie das Potenzial, mehr als ein Viertel des Gesamtwärmebedarfs in Deutschland zu decken. In der aktuellen Roadmap „Tiefe Geothermie für Deutschland“ haben das IEG und zwei Helmholtz-Zentren ihre Analysen zum weiteren Erdwärme-Ausbau zusammengefasst.

Erdwärme: potenziell unerschöpflich – aber nicht billig

Bisher stellt die Technologie aus der Tiefe der Erde nur einen bescheidenen Beitrag zur Wärmewende. Erst 359 Megawatt an Wärmeleistung sind laut Roadmap bisher installiert. Zusätzlich liefern die bundesweit 42 Geothermie-Anlagen rund 45 Megawatt an elektrischer Leistung (Stand: 2020). Die Fraunhofer-Forscher trauen der Geothermie-Technik einen Riesensprung auf rund 300 Terawattstunden (TWh) Jahresarbeit zu. Voraussetzung dafür ist eine installierte Leistung von 70 Gigawatt – d.h. 70.000 Megawatt.

Der Aufbau der Erzeugungsanlagen und die Anbindung an kommunale Infrastrukturen zur Wärmeverteilung wird Unternehmen und öffentliche Haushalte in den kommenden zehn Jahren viel Geld kosten. Die Forscher rechnen derzeit mit rund 2,5 Milliarden Euro pro Gigawatt installierter Leistung. Aber sie sehen auch große Vorzüge: „Die wachsende Geothermie-Branche benötigt keine Energieimporte. Sie führt zu heimischer Wertschöpfung – in Entwicklung und Produktion der Anlagen ebenso wie bei deren Errichtung und Betrieb.“

Aufmacherfoto: Adobe Stock, Joe Graetz


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