17.10.2023 – Kategorie: Neue Energie & Umwelt, Produkte & Lösungen, Technik & Innovation
Wasserkraftanlagen mobil managen
Die Digitalisierung ist aus keinem Bereich des täglichen Lebens mehr wegzudenken. Auch in der Wasserkraft ist sie nicht mehr aufzuhalten. Mit „Hydro Pocket“ hat Voith Hydro eine smarte Lösung für kleine und mittelgroße Anlagen entwickelt, die Betreibern mehr Effizienz, Flexibilität und Sicherheit verspricht.
Kleine und mittelgroße Wasserkraftanlagen spielen seit Jahrzehnten eine nicht zu vernachlässigende Rolle im Mix der erneuerbaren Energien. Dank ihrer Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum konstant Energie zu erzeugen, ermöglichen sie eine stabile lokale Stromversorgung. Um Kleinwasserkraftanlagen mittelfristig in die intelligenten Stromnetze der Zukunft einzubinden und das volle Potenzial in der Anlagenverfügbarkeit respektive Stromerzeugung zu gewährleisten, ist die digitale Anbindung unabdingbar.
Digitalisierung bedeutet Vernetzung
Die Vernetzung technischer Anlagen ist nicht neu – in vielen Industrien hat die digitale Transformation längst Einzug gehalten. So werden zum Beispiel eigenständig die Logistik oder Serviceintervalle gesteuert, um Abläufe noch effizienter zu gestalten. Menschen, Maschinen und industrielle Prozesse sind intelligent vernetzt. Auch unser Alltag wird immer digitaler, das Internet of Things dominiert bereits viele Bereiche unseres Lebens: So nehmen unter anderem Smart-Home-Anwendungen einen immer größeren Stellenwert ein.
Die wachsende Popularität von IoT-Anwendungen ist auf die oftmals günstigeren oder gänzlich neuen Produkte und Services zurückzuführen, die durch die Vernetzung möglich werden. Übersetzt in die Welt des vernetzten Wasserkraftwerks ergeben sich folgende Anwendungsvorteile:
- Leistungs- und Betriebsdaten jederzeit in Echtzeit abrufbar,
- effizienterer Betrieb durch Reduzierung ungeplanter Ausfälle und Inspektionsaufwände,
- kurze Reaktionszeit bei Warnungen und Alarmen.
Entsprechende Funktionen sind in modernen Großwasserkraftwerken heute meist Standard – allerdings noch nicht im Bereich der Kleinwasserkraft, wo viele Anlagen weiterhin offline laufen. Warum ist das so?
Stand der Technik
Eine digitale Kleinwasserkraftanlage hat zwei prinzipielle Voraussetzungen zu erfüllen. Einerseits müssen verwertbare Daten zu den Zuständen der einzelnen Anlagenkomponenten vorhanden sein. Andererseits müssen diese Informationen vernetzt, verarbeitet und durch ein mobiles Endgerät zugänglich gemacht werden.
Allerdings sind in vielen Wasserkraftanlagen veraltete, nicht IoT-taugliche Teile verbaut, oder es fehlt die Messtechnik in den relevanten Komponenten. Zudem sind solche Anlagen mitunter nur rudimentär vernetzt und mit dem Internet verbunden. Demnach stellen die installierte Technik und das Alter der jeweiligen Anlage häufig die größte Herausforderung bei der Digitalisierung dar. Eine teilweise oder gar komplette Modernisierung der Kleinwasserkraftanlage wäre in solchen Fällen notwendig.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sicherheit. Da jeder Anlagenteil mit dem Kommunikationssystem verbunden ist und dadurch der direkte Zugriff auf sämtliche Prozessdaten und Parameter möglich wird, sollte die Ausarbeitung und Implementierung einer Cybersecurity-Strategie unerlässlich sein. Moderne Automatisierungslösungen mit einer Vielzahl an weltweiten Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Systemen müssen in der Lage sein, Datenströme, Gerätezugriff und Kommunikationskanäle wirksam gegen Cyberangriffe zu schützen.
Zu bedenken gilt außerdem, dass Kleinwasseranlagen keine Standardprodukte sind: Jede Anlage ist einzigartig, was Turbine, Generator, Steuerung und andere Komponenten betrifft. Deshalb braucht es immer individuelle IoT-Lösungen. Auch die individuellen Anforderungsprofile der Betreiber müssen berücksichtigt werden, da sich die Bedürfnisse eines Energieversorgers von denen eines industriellen Eigennutzers oder einer Privatperson unterscheiden. Keine einfache Aufgabe für potenzielle Anbieter.
Pionierarbeit für kleine Wasserkraftanlagen
Schon seit einigen Jahren gibt es Anwendungen zur Digitalisierung von Kleinwasserkraftanlagen, die sich an den genannten Faktoren orientieren, aber immer einen Kompromiss aus Funktionsumfang, Individualisierbarkeit und Aufwand darstellen. Zuallererst sind Anwendungen aus der Gruppe der Erstausrüster oder Originalgerätehersteller (OEMs) zu nennen, die passend zu ihrer Hardware/Software ergänzende Produkte anbieten. Diese konzentrieren sich derzeit stark auf das Thema Zustandsüberwachung – der Fernzugriff wird in der Regel über eine Software realisiert, die eine Verbindung zum Rechner im Wasserkraftwerk herstellt.
Alternativ dazu haben sich Eigenentwicklungen größerer Energieversorger etabliert, die auf bereits im Unternehmen integrierten IoT-Anwendungen aufbauen und über das notwendige Know-how und die nötigen Ressourcen verfügen. Gewöhnlich werden bereits bestehende Systeme um Schnittstellen und Applikationen für Kleinwasserkraftwerke erweitert. Hierbei entstehen proprietäre Systeme, deren Softwarepflege langfristig sicherzustellen ist.
Ergänzend dazu bieten Drittanbieter einfache IoT-Nachrüstlösungen mit einem limitierten Umfang an Sensoren und integriertem Konnektivitätsmodul an. Hier sind Leistungsfähigkeit und Funktionsumfang meist stark eingeschränkt und der geringe Aufwand zur Installation steht im Vordergrund.
Zukunft des digitalen Kleinwasserkraftwerks
Mit dem Ziel, nahezu jede Kleinwasserkraftanlage vernetzen zu können und sich dabei an den Bedürfnissen der Betreiber zu orientieren, hat Voith Hydro die IoT-Lösung Hydro Pocket entwickelt. Hydro Pocket ist eine internetbasierte Anwendung, mit deren Hilfe Besitzer und Betreiber kleiner Wasserkraftanlagen ihre Anlagen jederzeit und von überall aus überwachen, analysieren und managen können. Kleinwasserkraftbetreiber sollen die Leistungsdaten ihrer Anlage fortan smart managen und Wartungsaufgaben einfach organisieren können. Als All-in-one-Lösung und orientiert sich Hydro Pocket dabei an den klassischen Aufgabenbereichen der Leistungs- und Zustandsüberwachung, Wartung und Instandhaltung sowie der Anlagendokumentation.
Mit der Anwendung lässt sich nicht nur die Energieproduktion und damit der Umsatz überwachen. Durch das Sammeln von Echtzeitdaten aus unterschiedlichen Bereichen der Anlage und intelligente Analysen lassen sich auch bessere Entscheidungen treffen. Mit den grafisch aufbereiteten Informationen sind Betreiber oder Investoren von Wasserkraftwerken beispielsweise in der Lage, individuelle Produktionsziele auf Basis aktueller und historischer Daten zu definieren. Ebenso ist es mit Hydro Pocket möglich, den Status der Netzanbindungen zu kontrollieren oder kontinuierlich den Gesundheitszustand von Wasserkraftanlagen zu überprüfen.
Für einen aussagekräftigen Überblick sorgt ein Dashboard, auf dem sich auf Knopfdruck sowohl einzelne Maschineneinheiten als auch komplette Anlagen und sogar ganze Flotten abbilden lassen. Mit Hydro Pocket lassen sich lange Ausfallzeiten reduzieren. Benutzer werden durch Fehlermeldungen über Probleme wie Wassermangel oder Überhitzung benachrichtigt und können in Echtzeit reagieren. Sie bekommen automatisch vordefinierte Berichte und können diese allen Beteiligten zur Verfügung stellen. Dank der kontinuierlichen Weiterentwicklung und der Einbindung zusätzlicher Funktionsmodule bleibt Hydro Pocket immer auf dem neuesten Stand und ermöglicht den Nutzern eine langfristige Optimierung ihrer Anlage.
Einsatzbereit in nur zehn Wochen
Der Aufwand zur Einrichtung der App ist überschaubar: Von der Ausstattung über die Installation, Konfiguration bis hin zur Aktivierung vergehen maximal zehn Wochen. Dabei sind keine großen Veränderungen am Kraftwerk oder zusätzliche Sensoren beziehungsweise Regler nötig: Hydro Pocket „klinkt“ sich in existierende, standardisierte Technologien wie SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) oder das Condition Monitoring ein und lässt sich auf individuelle Bedürfnisse und Benutzergruppen anpassen. Für die Konfiguration erhält der Anwender ein Starterkit, das am Kraftwerk angebracht werden muss. Darin enthalten ist ein Gateway, das für die verschlüsselte und sichere Übermittlung der Daten in die Voith-Cloud dient. Voith übernimmt die Konfiguration des Systems. Der Benutzer kann die Informationen anschließend direkt aus der Cloud über eine ebenso sichere und verschlüsselte Verbindung abrufen.
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